Zuerst einmal: "Cortison" ist kein Teufelszeug aus der pharmazeutischen Hexenküche, sondern ein Sammelbegriff für eine Gruppe von körpereigenen Hormonen, die in der Nebennierenrinde, einer unscheinbaren kleinen Drüse, hergestellt werden. Cortison reguliert den Zuckerstoffwechsel, die Immunabwehr, den Wasserhaushalt und regelt die Reaktion des Körpers auf Stress, indem es den Blutdruck erhöht, den Herzschlag beschleunigt, die Magensaftproduktion herabsetzt usw. Außerdem wirkt es juckreizstillend und entzündungshemmend.
Ohne Cortison ist eine normale Körperfunktion unmöglich, es ist damit lebenswichtig. Tiere und Menschen mit einem angeborenen oder erworbenen Cortisonmangel leiden an schwerwiegenden Symptomen, die sich aus den Wirkungen des Cortisons herleiten lassen: Abmagerung, Juckreiz, Haarausfall, häufige Entzündungen und Infektionen durch Immunschwäche, mangelnde Belastbarkeit, chronische Müdigkeit usw.
Gesteuert wird die Produktion von der Hirnanhangsdrüse, die bei zu niedrigem Cortisonspiegel im Blut die Produktion ankurbelt und bei zu hohem Spiegel die Produktion drosselt. Daraus erklärt sich auch die Notwendigkeit, eine längerfristige Cortisontherapie langsam auszuschleichen und nicht plötzlich abzusetzen.
Heutzutage wird Cortison für therapeutische Zwecke nicht mehr aus Organen von Schlachttieren gewonnen, sondern synthetisch hergestellt. Dabei hat man eine ganze Reihe von Abwandlungen im chemischen Aufbau gefunden, die unter anderem eine unterschiedlich lange Wirkdauer der einzelnen Cortisone bedingen:
- Ultrakurzzeitcortisone werden vor allem in der Schocktherapie bei Unfällen und Allergien eingesetzt. Sie werden in der Regel intravenös angewendet, die Wirkung beginnt sofort und endet nach etwa 8 Stunden.
- Kurzzeitcortisone, deren Wirkung nach 2 - 4 Stunden beginnt und etwa 24 - 36 Stunden anhält.
- mittellang wirkende Cortisone, deren Wirkung etwas langsamer einsetzt und bis zu 10 Tagen anhält.
- Langzeitcortisone, die bis zu 3 Monaten wirken können.
Wann wird Cortison eingesetzt?
Die wichtigsten Einsatzgebiete für Cortisone liegen in der Behandlung von akuten oder chronischen Entzündungen, mit denen der Körper nicht alleine fertig wird. Dazu gehören bestimmte Entzündungen von Gehirn, Leber, Bauchspeicheldrüse, Nieren, des Herzens und der Gelenke, sowie Wundinfektionen, einige Virusinfektionen und einige Formen des Ekzems und der Allergien.
Bei den meisten dieser Erkrankungen wird man mit dem Einsatz von kurzzeitig oder mittellang wirkenden Cortisonen auskommen. Bei manchen Erkrankungen wie bestimmten Allergien und Virusinfektionen sowie bei einigen Formen der Gelenks- oder Leberentzündung muss man allerdings auch zur Behandlung mit Langzeitcortisonen oder zum wiederholten Einsatz von Kurzzeitcortisonen greifen.
Mit welchen Nebenwirkungen ist zu rechnen?
Besondere Vorsicht ist geboten beim Einsatz von Cortison bei Diabetikern: Da Cortison regulierend in den Zuckerstoffwechsel eingreift, kann es unter Cortison zu Entgleisungen beim Blutzuckerspiegel kommen. Daher ist ein Einsatz von Cortison bei Diabetikern immer genau abzuwägen und der Blutzuckerspiegel in kürzeren Abständen zu kontrollieren. Bitte weisen Sie Ihren Tierarzt vor einer Cortisonbehandlung immer noch einmal extra auf den bei Ihrem Tier bestehenden Diabetes hin!
Bei der einmaligen Anwendung von Kurzzeit- oder mittellang wirkenden Cortisonen stehen in der Regel die Wirkungen auf den Zucker- und Wasserhaushalt im Vordergrund: Die Tiere können vermehrt fressen und trinken, müssen daher auch öfter Kot absetzen. Der Zugang zum Wasser sollte nicht eingeschränkt werden, denn das erhöhte Durstgefühl verliert sich zumeist nach dem Abklingen der Medikamentenwirkung von allein. Die Futtermenge sollte allerdings nicht erhöht werden, es sei denn, es wird ausdrücklich eine Gewichtszunahme erwünscht. In der Zeit der Cortisonbehandlung angefressenes Übergewicht ist genau so schwer zu reduzieren wie anderes Übergewicht auch.
Mit ernsteren Nebenwirkungen ist beim Einsatz von Langzeitcortisonen bzw. bei einer Dauertherapie mit Kurzzeitcortisonen zu rechnen: Es kommt zu Veränderungen im Körperaufbau durch vermehrte Wasser- und Fetteinlagerung, eventuell zur Knochenerweichung durch Veränderungen im Calzium-Phosphor-Haushalt sowie zu Veränderungen an Haut und Haarkleid, die Immunabwehr wird behindert, so dass der Patient infektanfällig wird. Außerdem wird die Nebennierenrinde nicht mehr zur Produktion von körpereigenem Cortison angeregt, diese kann sogar völlig zum Erliegen kommen.
Um diese Folgen möglichst gering zu halten, wird heutzutage meist auf den Einsatz von Langzeitcortisonen verzichtet und, wenn es gar nicht anders geht, auf die längerfristige Anwendung von Kurzzeitcortisonen in Tablettenform ausgewichen. Dabei wird man nach einigen Tagen der Anfangsbehandlung in höherer Dosierung versuchen, die Dosis auf die niedrigst wirksame Menge abzusenken bzw. auf eine Gabe jeden 2. oder 3. Tag zu reduzieren. Damit hofft man, eine Weiterproduktion der Nebennieren zu erreichen.
Was muss ich beim Einsatz von Cortison beachten?
Bei Kurztherapien muss in den meisten Fällen lediglich darauf geachtet werden, dass ausreichen Trinkwasser zur Verfügung steht und mit einem häufigeren Harnabsatz zu rechnen ist. Außerdem sollte die tägliche Futtermenge nicht erhöht werden.
Bei Cortisondauertherapien ist anzustreben, eine möglichst niedrige Dauerdosis zu finden, die aber ausreicht, die Krankheitssymptome zu unterdrücken. Zusätzlich sollten in regelmäßigen Abständen Blutuntersuchungen durchgeführt werden, um eventuelle Schädigungen rechtzeitig zu entdecken und Gegenmaßnahmen einleiten zu können.
Wenn eine Dauertherapie beendet werden soll, darf die Behandlung unter keinen Umständen einfach beendet werden, denn die Eigenproduktion durch die Nebennierenrinde kann heruntergefahren oder völlig unterdrückt sein. Dann kommt es wie beim plötzlichen Absetzen eines Suchtmittels zu Entzugserscheinungen, also zum Krankheitsbild der Cortisonunterversorgung mit unter Umständen lebensbedrohlichen Auswirkungen. Es ist also erforderlich, die Cortisondosis über 2 Wochen langsam zu reduzieren und dann erst völlig abzusetzen, damit der Körper die Gelegenheit hat, mit seiner eigenen Produktion wieder