Zuerst die wichtigste Frage: Wann und wie häufig treten Gesäugetumoren bei der Hündin auf?
Ältere Untersuchungen sprechen von Häufigkeiten bei nicht kastrierten Hündinnen zwischen 40 und 60 %, wobei die Häufigkeit mit der Zahl der vorausgegangenen Trächtigkeiten und Scheinträchtigkeiten in Beziehung gesetzt wurde. Meist wurden diese Zahlen aus vorselektierten Patientengruppen hergeleitet, so z. B. aus Tumoreinsendungen aus pathologischen Instituten usw.

Wie man heute in ganz neuen Untersuchungen nachgewiesen hat, ist man bei diesen Berechnungen zu wesentlich zu hohen Zahlen gekommen. Heute geht man davon aus, dass etwa 0,2 - 1,8 % der nicht kastrierten Hündinnen von Tumoren im Gesäuge betroffen sind, von denen etwa die Hälfte gutartig ist. Außerdem treten diese Tumoren fast ausschließlich im fortgeschrittenen Lebensalter auf.

Auch der Zusammenhang von durchgemachten Scheinträchtigkeiten und Gesäugetumoren hat sich nicht bestätigt.
Über den Zusammenhang von Trächtigkeit und Turmorwachstum lassen sich noch keine endgültigen Aussagen treffen, der Zusammenhang scheint aber von eher untergeordneter Bedeutung zu sein.

Aber wiederholt bestätigt hat sich der Zusammenhang zwischen der Ernährung im ersten Lebensjahr und dem Auftreten von Gesäugetumoren in späteren Lebensjahren: Bei einer stark fleischbetonten Ernährung und deutlichem Übergewicht steigt die Tumorwahrscheinlichkeit erheblich.

Und genau hier liegt auch der wichtigste Ansatz für die Vorbeugung: Während des ersten Lebensjahres einer Hündin sollte konsequent auf die Vermeidung von Übergewicht geachtet werden und es sollten Futtermittel bevorzugt werden, die eine ausgewogene Mischung von tierischem und pflanzlichem Eiweiss aufweisen, dabei darf man "Leckerlis" und sonstige Belohnungen und Kauknochen usw. nicht vergessen.

Generell sollte die Ernährung eines Hundes nur zu einem Drittel aus tierischen Produkten bestehen und zu zwei Dritteln aus pflanzlichen Anteilen. Genau umgekehrt ist es bei Katzen, daher ist Katzenfutter zur Aufzucht besonders von weiblichen Hundewelpen nicht geeignet!

Als weitere Vorbeugung vor dem Auftreten von Gesägetumoren wird immer wieder die frühe Kastration vor der ersten Läufigkeit genannt. Dieser Zusammenhang liess sich auch in neuesten Untersuchungen bestätigen, allerdings stellt sich die Frage, ob eine Verringerung der Tumorwahrscheinlichkeit von unter 2 % auf etwa 0,01 % bei Kastration vor der ersten Läufigkeit die erheblichen Auswirkungen auf die Entwicklung der Hündin und die Gefahr des Auftretens der sonstigen Nebenwirkungen gerechtfertigt. Auch die Tatsache, dass eine Kastration nach der 2. Läufigkeit, also mit knapp 1,5 Jahren, die Tumorwahrscheinlichkeit immer noch auf unter 0,5 % reduziert, lässt am Sinn der Frühkastration zweifeln.

Eine weitere, heute leider noch viel zu wenig genutzte Vorbeugungsmethode liegt, analog zu den Vorsorgeuntersuchungen bei der Frau, in der wöchentlichen Tastuntersuchung des Gesäuges durch den Besitzer ab dem 6. Lebensjahr, unterstützt durch regelmäßige Kontrollen durch den Tierarzt. Diese sollten ab dem 6. Lebensjahr in jährlichen Abständen, z. B. im Rahmen der Impfuntersuchung, ab dem 8. Lebensjahr halbjährlich durchgeführt werden.

Tastuntersuchung des Gesäuges

Lassen Sie sich von Ihrem Tierarzt die Untersuchungstechnik zeigen und fragen Sie, bei welchen Befunden es nötig wird, die Praxis auch zwischen den Routineuntersuchungen aufzusuchen.

Was aber, wenn wirklich ein Tumor festgestellt wird?
Bis vor wenigen Jahren ist man davon ausgegangen, dass es nicht unbedingt sinnvoll ist, schon kleine Geschwülste operativ zu entfernen, da:

  • bei einer Operation noch eben schnell Tumorzellen weitergegeben werden und man dann nach 4 Wochen den nächsten Tumor hat
  • kleine Tumoren nur sehr selten bösartig sind
  • der Hund für eine Narkose eh' schon zu alt ist
  • usw. usw.
großer Gesäugetumor bei einer 7-jährigen Rauhhaardackelhündin multiple Gesäugetumoren bei einer 6-hährigen Boxerhündin

Heute weiss man, dass es gesicherte Zusammenhänge gibt zwischen Tumorgröße und Überlebensrate nach Operation. Was man immer noch nicht weiss, ist,

  • wie überhaupt bösartige Tumoren entstehen
  • ob und wann sich gutartige in bösartige Tumoren umbilden können
  • ob und wohin ein Gesäugetumor bereits gestreut, also Metastasen gebildet, hat
  • ob der ertastete Tumor gut- oder bösartig ist.

Zumindest bei den letzten beiden Punkten können weiterführende Untersuchungen Hinweise geben:

Bei dem Vorliegen eines größeren Tumors sollte vor der Operation eine Röntgenaufnahme der Lunge angefertigt werden, um zumindest Lungenmetastasen, die größer als 5 mm sind, zu entdecken. Die meisten Metastasierungen erfolgen in die Lunge, gefolgt vom Skelettsystem. Ein Durchröntgen des gesamten Skeletts ist aber nicht erforderlich, lediglich bei bestehenden Lahmheiten sollte gezielt nach Knochenmetastasen gesucht werden.

Ob und wie sehr ein Tumor bösartig ist, lässt sich ohne Gewebeprobe nicht sicher feststellen, eine Ultraschalluntersuchung kann eventuell Hinweise geben. Sicherheit bringt nur die histiologische Gewebeuntersuchung aus entnommenem Material, entweder aus einer Gewebeprobe oder aus einem in Gänze entfernten Tumor.

Und noch eins: Mit den heutigen, sehr sicheren Narkoseverfahren können auch sehr alte Hunde eine Operation ohne Probleme überstehen, auch, wenn sie vorab schon schwere Herzerkrankungen zeigen. Diese Hunde sollten, nachdem sie auf Herzmedikamente eingestellt wurden, in einer Klinik unter Intensivbedingungen operiert werden. Tiere mit Metastasen allerdings sollten von einer Operation ausgeschlossen und mit anderen Methoden behandelt werden.