In den letzten Jahren möchten viele Hundebesitzer ihre Tiere natürlich ernähren und gehen dazu über, selbst für ihren Hund zu kochen. Außerdem werden viele Menschen industriell hergestelltem Fertigfutter gegenüber skeptisch und folgen daher angeblich natürlichen und artgerechten Ernährungstrends wie Barfen ("Bone and Raw Food" bzw. "biologisch artgerechtes rohes Futter") oder getreidefreie Fütterung. Leider gibt es dabei verschiedene Haken: Bedingt durch die Domestikation (Haustierwerdung) kann der Hund Kohlenhydrate deutlich besser verdauen als der Wolf. Auf der anderen Seite kann der Hund aber bestimmte Aminosäuren nicht mehr selber in ausreichendem Maße bilden. Ein Mangel an diesen Aminosäuren, insbesondere Taurin, kann schwerwiegende Erkrankungen des Herzens hervorrufen (siehe auch Getreidefreie Fütterung erhöht das Risiko von Herzerkrankungen).

Des Weiteren reicht die Zusammensetzung einer Futterration für Hunde, die auf Muskelfleisch basiert und pflanzliche Bestandteile nur in "homöopathischen Dosen" enthält, nicht im Entferntesten an die Zusammensetzung eines Beutetiers heran. So enthält Muskelfleisch extrem viel weniger Kalzium und andere Mineralstoffe als ein ganzes Kaninchen, dafür z. B. aber deutlich mehr Eiweiß, siehe Tabelle.

Und: Schlund und Kehlkopf (auch getrocknet) kann größere Mengen an Schilddrüsengewebe enthalten und damit Einfluss auf den Jodstoffwechsel und die Schilddrüsenfunktion nehmen.

 

Bestandteil Einheit Beutetier Kaninchen Muskelfleisch Rind Muskelfleisch Huhn Muskelfleisch Pferd Tendenz im Vergleich zum Beutetier
 Feuchte g/kg Frischmasse 825 730 740 740  ↓
 Rohasche  " 12,3 37,4 38,2 38,0  ↓ ↓ 
 Rohprotein  " 58,9 78,0 88,4 73,0  ↑ ↑ 
 Rohfett g/kg Trockenmasse 163 128 34,6 143  (↓) 
 Kalzium  " 31,3 0,28 0,54 0,58  ↓ ↓ ↓ 
 Phosphor  " 23,2 4,44 8,15 5,55  ↓ ↓ 
 Natrium  " 9,16 2,19 2,54 1,53  ↓ 
 Kupfer mg/kg Tockenmasse 16,0 3,59 7,69 7,69  ↓ 
 Zink  " 138 83,4 38,5 96,2  ↓ 

Es gibt zwar die Möglichkeit, bestimmte Bestandteile durch natürliche Zutaten zu ergänzen, z. B. Kalzium durch Knochen oder Eierschalen oder Eisen durch frisches Blut, aber wer möchte schon Knochen so sehr zerkleinern, dass das Kalzium für den Hund verwertbar wird, ganz abgesehen davon, dass viele Hunde gar keine Knochen vertragen, oder gar frisches Blut zufüttern?

Es liegt zwar aufgrund der ähnlichen Begriffe nahe, Fertigfutter für Tiere mit Fertiggerichten für Menschen gleichzusetzen, was aber nicht korrekt ist. Fertiggerichte sind häufig wirklich ungesund, da diese bekanntermaßen zu viel Fett, Zucker und/oder Salz sowie zu wenig Mineralstoffe und Vitamine enthalten. Im Gegensatz dazu gibt es für Fertigfutter, insbesondere für Alleinfutter, genaue gesetzliche Vorschriften über die Zusammensetzung und die erlaubten Zusatzstoffe. So darf nur einwandfreies Fleisch verwendet werden, also solches, das für die menschliche Ernährung tauglich ist. D.h., dass für Fertigfutter das Fleisch verwendet wird, das wir zwar essen könnten, aber nicht wollen. Wer isst heute schon noch Ochsenschwanz oder Kopffleisch? Außerdem muss das Verhältnis von tierischen zu pflanzlichen Zutaten stimmen, also etwa 1/3 tierisch und 2/3 pflanzlich und es müssen alle Vitamine, Mengen- und Spurenelemente in ausreichender Menge und in einem ausgewogenen Verhältnis enthalten sein. Definierte Konservierungsstoffe dürfen zwar zugesetzt werden, sind bei den modernen Herstellungsverfahren aber häufig gar nicht erforderlich. Und zu guter Letzt der Zucker: Zucker darf allenfalls als Zuckercouleur in Mengen von unter 1 Prozent enthalten sein und dient lediglich der Färbung, damit das Futter für den Besitzer ansprechender aussieht - dem Hund ist die Farbe seines Futters egal.

Stiftung Warentest untersucht fast jedes Jahr Hunde- oder Katzenfutter, mal Nassfutter, mal Trockenfutter. Und fast jedes Mal schneiden die Futter der Discounter am besten ab, während insbesondere TK-Barfrationen wegen hoher Keimbelastung als mangelhaft bewertet werden.

Wie kann man die Versorgung des Hundes mit allen lebenswichtigen Stoffen überprüfen? Von einigen tiermedizinischen Laboren werden sog. Barfprofile angeboten, in denen die Untersuchung des Blutspiegels von etlichen Mengen- und Spurenelementen sowie Vitaminen enthalten ist. Leider sind diese Werte praktisch nicht aussagekräftig, da der Körper die Spiegel dieser Elemente in engen Grenzen reguliert und teilweise erhebliche Reserven irgendwo im Körper eingelagert sind. Daher treten abweichende Blutwerte erst dann auf, wenn die Reserven völlig aufgebraucht sind. Die aufgebrauchten Reserven wiederum führen zu gesundheitsschädlichen Mangelzuständen. Hier ist der einzig praktikable Weg die Rationsberechnung und die Ergänzung mit entsprechenden Zusatzpräparaten.

Hundebesitzer sind in der Regel keine Fachleute für Ernährung sind und werden häufig durch Beiträge selbsternannter "Fütterungsexperten" in Internetforen oder Skandalberichte in den Medien dazu verleitet (um nicht zu sagen aufgestachelt), das Futter für ihre Tiere selbst zuzubereiten. Des Weiteren werden vielfach falsche Informationen verbreitet ("Der Hund stammt vom Wolf ab und ist ein reiner Fleischfresser"), Informationen über Rationskontrollen werden viel zu selten angeboten... Darüber hinaus sind auch noch Daten über die Zusammensetzung etlicher Bestandteile gar nicht verfügbar, dies macht es insgesamt ausgesprochen kompliziert, einen Hund mit einem selbst hergestellten Futter bedarfsgerecht zu versorgen. In der nachfolgenden Tabelle sehen Sie Ergebnisse und Beurteilungen rechnerischer Überprüfungen von 112 selbst hergestellten Rationen:

Beanstandung Anzahl der Beanstandungen Anteil in %
Überversorgung  
Protein 107 95,5
Energie 98 87,5
Kalzium 62 55,4
Kupfer 58 51,8
Unterversorgung  
Protein 2 1,8
Energie 5 4,5
Kalzium 23 20,5
Natrium 89 79,5
Kupfer 54 48,2
Eisen 103 92,0

Damit ergibt sich als abschließende Beurteilung moderner Fütterungstrends Folgendes:

BARF: Es ist praktisch unmöglich, einen Hund ohne genaue Rationsberechnung bedarfsgerecht und gesund zu barfen.

Getreidefrei: Wenn Wölfe ein Beutetier erlegen, handelt es sich meist um größere oder kleinere Pflanzenfresser, von denen als erstes der Magendarmtrakt aufgerissen und der vorverdaute Inhalt gefressen wird. Bei diesem Inhalt handelt es sich vielfach um Gräser. Nun gehört aber Getreide botanisch zu den Gräsern, so dass es weder sinnvoll noch notwendig ist, auf Getreide in der Hundeernährung zu verzichten. Insbesondere sei nochmal erwähnt, dass Hunde pflanzliche Bestandteile deutlich besser verdauen können als Wölfe. Selbstverständlich begründen individuelle Unverträglichgkeiten eine Ausnahme.

Wenn man trotz aller obiger Argumente immer noch selber für seinen Hund kochen möchte, sollte man mit einem auf Fütterung spezialisierten Tierarzt oder einer Tierärztin sprechen und sich einen Fütterungsplan erstellen lassen, der den Bedürfnissen von Hund und Mensch gerecht wird. Dieser Plan ist dann auch genau so wie erstellt umzusetzen und zwar dauerhaft! Eine Möglichkeit der Rationsüberprüfung finden Sie hier: feed consult, Prof. Dr. Petra Wolf, Fachtierärztin für Tierernährung und Diätetik.

Und daher das Fazit: 40 Jahre haben wir Tierärzte keine fütterungsbedingten Mangelerscheinungen beim Hund gesehen. In den letzten Jahren kommen sie jedoch wieder vermehrt vor. Leider werden sie häufig erst spät erkannt, da niemand mehr mit ihnen rechnet.

Tabellen mit freundlicher Genehmigung aus: Prof. Dr. Petra Wolf, BARF - was spricht dafür, was dagegen?, Team konkret 2020, 16