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Noch vor wenigen Jahren war es nicht üblich, sich regelmäßig um die Gesundheit der Zähne unserer Haustiere zu kümmern. Erst, wenn bei Hunden und Katzen übler Maulgeruch und Futterverweigerung oder bei Kaninchen und Nagern Abmagerung auffiel, wurde die Mundhöhle einer genaueren Untersuchung unterzogen. Das hat sich heute geändert: Zu den routinemäßigen Untersuchungen im Rahmen der jährlichen Schutzimpfungen gehört immer ein Blick auf die Zähne und auch bei Heimtieren sollte regelmäßig auf die Zahngesundheit geachtet werden.


Zahnerkrankungen bei Hund und Katze
Hundewelpen kommen zahnlos zur Welt. Erst im Alter von 5-6 Wochen brechen die Milchzähne durch. Insgesamt besteht das Milchgebiss aus 28 Zähnen. Das zweite Gebiss, das sogenannte bleibende Gebiss der erwachsenen Tiere zählt 42 Zähne.

Der Wechsel vom Milchgebiss zu den bleibenden Zähnen ist im Alter von 6-7 Monaten abgeschlossen. Der Hund verfügt also schon in einem sehr jungen Alter über ein komplettes Gebiss. Als Fleischfresser ist sein Gebiss so angelegt, dass es feste Nahrung (Muskelfleisch, Knorpel, Knochen und Sehnen) zerkleinern kann. Die Wurzeln der Zähne sind dabei doppelt so lang wie die sichtbaren Zahnkronen. Die Zähne bzw. die Zahnwurzel sind über elastische Fasern fest im Kieferknochen verankert. Zwischen dem letzten vorderen Backenzahn des Ober- und dem ersten hinteren Backenzahn des Unterkiefers kommt es bei jeder Kaubewegung zu einer erheblichen Kraftentwicklung. Nicht umsonst sind dies die mächtigsten Zähne des Gebisses, die auch Reisszähne genannt werden. Sie dienen vorrangig dem Zerkleinern der Nahrung. Die Schneidezähne werden nicht nur zum Abnagen von Knochen eingesetzt, sie spielen auch bei der täglichen Körperpflege des Tieres eine nicht unbedeutende Rolle.

In der Regel verläuft der Zahnwechsel problemlos und ganz von alleine. Manchmal kommt es aber zu sogenannten persistierenden Milchzähnen. Dies tritt auf, wenn sich der fertige Ersatzzahn bereits aus dem Zahnfleisch schiebt, der Milchzahnvorgänger aber nicht ausfällt. Dem Besitzer fällt dann auf, dass sein Hund einen oder mehrere doppelte Zähne hat. Diese zusätzlichen Zähne fallen häufig später noch aus, sie müssen nur gezogen werden, wenn sie das Wachstum des bleibenden Zahnes so stark behindern, dass dieser sich z. B. in das Zahnfleisch zu bohren droht.

Bei Hunden und Katzen stehen Erkrankungen des Zahnhalteapparates im Vordergrund. Sie finden sich bei mehr als 85 % der Hunde und mehr als 70 % der Katzen von über 3 Jahren.

Am Beginn dieser Erkrankungen steht immer die Zahnfleischentzündung, die durch Bakterien verursacht wird. Diese Bakterien finden im Zahnstein, der sich im Laufe des Lebens bei der Mehrzahl der Hunde und Katzen auf den Zähnen bildet, einen idealen Nährboden und sind dort auch gleich an Ort und Stelle, um eine am Ende unheilbare Entzündung des Zahnhalteapparates mit der Folge des Zahnverlustes hervorzurufen.

Noch dazu maskiert der Zahnstein in vielen Fällen die Zahnfleischentzündung, so dass diese nicht weiter auffällt und die Schädigung in Ruhe weiter um sich greifen kann. Dies ist bedauerlich, denn eine einfache Zahnfleischentzündung ist in der Regel heilbar. Wird hier allerdings nicht eingegriffen, weicht das entzündete Zahnfleisch von den Zähnen zurück und es bilden sich Taschen, in denen sich weitere Bakterien und Nahrungsreste ansammeln können. In der Folge kommt es zu tiefen Entzündungen, die auf den Kieferknochen übergreifen. Die Folgen sind Lockerung der Zähne und später Zahnausfall. Im Extremfall können vereiterte Zahnwurzeln abszedieren und durch die Kieferhöhle nach außen durchbrechen. Man sieht dann Fistelgänge unter dem Auge, aus denen sich auf Druck Eiter entleert.

Die Abwehrprozesse des Körpers gegen die Entzündungsherde an den Zähnen führen zu chronischen Entzündugen der Mandeln mit erhöhter Infektanfälligkeit. Außerdem können Eiter und Bakterien mit dem Blutstrom aus der Mundhöhle abgeschwemmt werden und Folgeerkrankungenn in anderen Organen verursachen: Entzündungen von Herzklappen und Herzmuskel, der Nieren oder der Leber, seltener auch der Lunge. Das bedeutet, dass eine Vielzahl der Herzklappenfehler im Alter, aber auch viele Nieren- oder Leberentzündungen von vernachlässigten Zähnen ausgelöst werden!

Diese Ausfürungen zeigen, wie wichtig eine regelmäßige Zahnpflege von Anfang an ist. Aber wie kann das nun praktisch aussehen? Schon beim kleinen Welpen sollte damit begonnen werden, das Tier daran zu gewöhnen, dass die Mundhöhle vom Besitzer und vom Tierarzt untersucht wird. Diese Übungen sollten mehrmals täglich erfolgen, während das Tier auf einem Tisch sitzt und es sollte lernen, dabei stillzuhalten.

Gleichzeitig sollte das Trainieren der regelmäßigen Zahnreinigung begonnen werden: Zuerst wird nur mit dem Finger auf dem Zahnfleisch entlanggerieben. Wenn Hund oder Katze dies widerspruchslos akzeptieren, kann man eine Fingerzahnbürste für Haustiere benutzen und wenn auch das klappt, sollte man eine spezielle Zahncreme für Haustiere einsetzen. Die Zahnreinigung sollte täglich erfolgen und immer gewissenhaft durchgeführt werden. Besonders wichtig ist die regelmäßige Kontrolle und Reinigung der Backenzähne, da dort oft besonders viel Zahnstein auftritt.

Ebenfalls möglich, aber deutlich weniger effektiv als das tägliche Zähneputzen ist das Verfüttern von Zahnreinigungsstreifen oder -kauknochen.

Eine relativ neue Möglichkeit liegt in einem nur beim Tierarzt erhältlichen Spezialfutter. Dieses Futter ist in Kroketten gepresst, die beim Hineinbeissen nicht einfach zerbröseln, sondern durch ihre besondere Faserstruktur den Zahnstein wie ein Scheibenwischer vom Zahn schieben. Zumindest als Futterergänzung sollte man diese Möglichkeit in Betracht ziehen.

Als ergänzende Maßnahme sollte man verhindern, dass ein Hund mit Steinen oder Tennisbällen spielt, da dabei die Zähne abgeschliffen werden oder sogar abbrechen können. Besser geeignet als Spielzeug sind Gummitiere oder Weichholz.


Zahnkontrolle

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Ziehen Sie die Lefzen Ihres Hundes oder Ihrer Katze auseinander, um die Backenzähne zu sehen. Hier sind Plaque, Zahnstein und Entzündungen meist am deutlichsten ausgeprägt.

Was ist Zahnstein?
Zahnstein oder Plaque ist ein gelblich-grauer Belag an der Zahnoberfläche, ein Filzwerk aus Keimen, Nahrungsresten, abgeschliffenen Zellen, Speichelinhaltsstoffen usw. Vom Zahnfleischrand ausgehend, überziehen diese Beläge bald den ganzen Zahn und werden dabei immer dicker. Mineralsalze aus dem Speichel lagern sich ein. So entsteht im Laufe der Zeit aus dem weichen Zahnbelag durch Verkalkung der knochenharte Zahnstein. Damit beginnt ein Teufelskreis, denn der Zahnstein drückt auf das Zahnfleisch und schiebt sich zwischen dieses und den Zahnhals.Wenn trotz aller Mühe der Zuwachs an Zahnstein nicht zu verhindern ist, sollte das Gebiss in regelmäßigen Abständen vom Tierarzt gereinigt werden. Dies geschieht mit einem Ultraschallgerät und ist wegen der dabei auftretenden hochfrequenten Geräusche nur in Vollnarkose möglich.

Leider findet man unter dem Zahnstein oft kariöse Zähne oder Zähne, deren Wurzeln schon so gelockert sind, dass ein Erhalt nicht möglich ist. Da unsere Hunde und Katzen nicht mehr darauf angewiesen sind, sich ihre Nahrung selbst zu erjagen, sondern alle über einen zweibeinigen "Dosenöffner" verfügen, kann man es verantworten, diese Zahnruinen zu ziehen. Das ist auf jeden Fall besser als das Belassen der Eiterherde.

Mit den heutzutage verwendeten modernen Narkoseverfahren können auch alte Tiere einer Zahnbehandlung unterzogen werden. Im Zweifelsfall wird man vor der Narkose ein EKG schreiben oder eine Blutuntersuchung durchführen.

Und jetzt noch einige Bilder von gesunden und kranken Gebissen:


1. Gesundes Gebiss

     
Normales, nicht entzündetes Gebiss mit klarer Abgrenzung von Maulschleimhaut und Zahnfleisch Normal erscheinende Grenzen zwischen Kieferknochen und Peridondalspalt (weißer Pfeil). Die horizontale Knochenlinie liegt auf der Ebene der Schmelz/Zementgrenze (roter Pfeil) Das Zahnfleisch ist nicht geschwollen und es ist kein Zahnstein vorhanden

 

2. Frühe Zahnfleischentzündung (Gingivitis)

     
Leichte Gingivitis eines oberen, rechten vierten Backenzahnes. Oberhalb des Zahnfleischsaumes ist wenig Zahnfleisch zu erkennen. Der Zahnfleischsaum ist geschwollen und entzündet. Mundgeruch, eines der ersten Zeichen der Peridontitis, ist festzustellen. Es können noch keine röntgenologischen veränderungen festgestellt werden. Plaque und Zahnstein haben sich auf dem Zahn abgelagert.

 

3. Fortgeschrittene Zahnfleischentzündung (Gingivitis)

     
Der Mundgeruch ist merklich verstärkt. Zahnfleischschwellung und Zahnfleischbluten sind stärker ausgeprägt. Geringgradiger Knochenverlust wird sichtbar. Die horizontale Knochenlinie befindet sich unter der Schmelz/Zementgrenze Plaque und Zahnstein dehnen sich bis zur Zahnwurzel aus.

 

4. Frühe Entzündung des Zahnhalteapparates (Periodontitis)

     
Eine Zahnsonde kann unter dem Zahnfleisch in eine Tasche eingeführt werden. Diese wird durch den Verlust der Anheftung des Zahnfleisches an den Zahn gebildet. Bei der Sondierung blutet das Zahnfleisch, der Zahn kann beweglich sein. Starker Mundgeruch ist vorhanden. Zwischen 10 und 30 Prozent des Knochens rund um die Zahnwurzel sind abgebaut. Plaque und Zahnstein haben sich weiter auf die Zahnwurzel ausgedehnt. Die Zahnfleischtaschen sind vertieft, der Kieferknochen stark abgebaut.

 

5. Fortgeschrittene Entzündung des Zahnhalteapparates (Periodontitis)

     
Hochgradige Peridontitis geht mit starkem Verlust des Zahnfleisches einher. Die Zahnfleischtaschen werden tiefer und das Zahnfleisch blutet sehr leicht. Nahrungsreste und Eiter sind unter Zahnstein eingeschlossen. Die Zähne sind beweglich. Der Mundgeruch ist extrem ausgeprägt. Bei diesem unteren vierten Backenzahn sind über 70 Prozent des Kieferknochens um die Zahnwurzeln herum abgebaut. Stark ausgedehnter Plaque und Zahnstein, hochgradige Entzündung, sehr tiefe Zahntaschen, hochgradiger Verlust von Knochen und Zahnfleisch.

Zahnerkrankungen bei Kaninchen und Nagetieren
Bei diesen Tieren zeigen sich in den meisten Fällen Zahnfehlstellungen und übermäßiges Längenwachstum von Schneide- oder Backenzähnen. Bei Kaninchen und Nagern haben weder Schneide- noch Backenzähne Zahnwurzeln wie bei Hund, Katze oder Mensch, sondern die Zahnhöhlen bleiben ein Leben lang offen und die Zähne wachsen immer weiter, um den Abrieb durch das Zerkauen der pflanzlichen Nahrung auszugleichen. Dieses System ist sehr effektiv, aber auch sehr störungsanfällig: Durch Veränderung der Zahnstellung, häufig bedingt durch züchterisch bedingte Änderung der Kopfform bei Rassetieren und Zwergformen, kommt es zu Fehlstellungen und mangelndem Abrieb. Dadurch entstehen scharfe Kanten und Spitzen, die in Zahnfleich oder Zunge stechen, zur Geschwürbildung führen und die Futteraufnahme unmöglich machen können.

   
übermäßiges Längenwachstum der Schneidezähne mit Rundwuchs bei einem Kaninchen Hakenbildung an den Backenzähnen im Unterkiefer eines Kaninchens

 

Im Extremfall kann es zur Brückenbildung der Backenzähne im Unterkiefer über der Zunge kommen, so dass die Bewegung der Zunge eingeschränkt ist und der Transport des Futters in Richtung Speiseröhre verhindert wird. Schlussendlich verhungern diese Tiere.

   
Brückenbildung der unteren Backenzähne über der Zunge bei einem Meerschweinchen Zustand nach Zahnkorrektur

 

In allen diesen Fällen wird eine Zahnkorrektur erforderlich, die oftmals in Narkose erfolgen muss, da besonders kleine Spitzen nur mit einer Schleifmaschine entfernt werden können und die Tiere dabei nicht still halten.

Ein weiteres Problem bei kleinen Heimsäugern bilden Zahnwurzelabszesse. Diese gehen meist von den Wurzeln einzelner Backenzähne aus, durchbrechen den Kieferknochen und zeigen sich als Schwellungen am Ober- oder Unterkiefer. Die Tiere magern ab und erscheinen krank.

Als Therapie kommt das Spalten der Abszesse mit eventuellem Ziehen der befallenen Zähne in Frage, gefolgt von einer längeren Antibiotikatherapie. Allerdings sind die Chancen auf eine Ausheilung nicht besonders gut, häufig treten nach kürzerer oder längerer Zeit weitere Abszesse an anderen Zähnen auf.

Vorbeugung: Da das hervorstechende Symptom bei Zahnerkrankungen der Heimsäuger die Fressunlust mit nachfolgender Abmagerung ist, sollten die Tiere regelmäßig gewogen und bei Verdacht auf Verdauungsstörungen rechtzeitig einem Tierarzt vorgestellt werden. Außerdem sollte die Länge der Schneidezähne kontrolliert werden, bei den Backenzähnen ist das ohne spezielle Zahninstrumente für Kleinsäuger nicht möglich.

Weiterhin sollte auf eine zahnfreundliche Ernährung geachtet werden und die besteht nun einmal aus Heu, Heu, Heu und nochmals Heu. Unsere Heimsäuger sind Kräuter- bzw. Grasfresser und können allein mit Heu und Grünfutter besser überleben als mit den häufig gefütterten Körnern und Zusatzfuttermitteln!